Was sagen uns ukrainische Märchen?
„Žuravelʹ / Kranich“ – Internationaler Vorlesetag mit Kranichtanz
15.11.2024 im Völkerkundemuseum in Heidelberg
Fotos: Kulturgut i.Q. – Susanne Lencinas
Volksmärchen enthalten Archetypen*, die uns entdecken lassen, was den Menschen in seiner Kultur und in seiner Seele ausmachen. Wir finden hier Spuren, was im Unterbewusstsein aus einer Kultur im Menschen weiterlebt.
Mit unserem Vorlesen von ukrainischen Volksmärchen erfahren Kinder, aber auch Erwachsene, was ukrainische Menschen mitgeprägt hat. Sie sind eine Brücke der Verständigung, die wir mit unseren eigenen Erfahrungen reflektieren können und die Gegenwart verstehen lassen.
Für unser Vorlesetage 2024 am 15.11. und am 6.12. 2024 gibt es keinen schöneren Raum, als das Völkerkundemuseum in Heidelberg, das auch mit seiner gegenwärtigen Ausstellung zu „Tierischen Gefährten – Fantastische Kreaturen“ mit Figuren wie Kranich und Drache die ukrainischen Märchen bildlich unterstützen kann. Der Museumsdirektor Dr. Alban von Stockhausen und seine Mitarbeiter im Museum haben am 15.11.2024 vor 45 Schüler:innen der Klassen 3 und 5 aus Heidelberger Schulen, in Begleitung der Lehrerinnen vorgelesen. Wir sind sehr dankbar dafür und auch dass die Stadt Heidelberg mit einem kostenfreien Zugang für 100 Kinder die Vorlesetage unterstützt.
Drei Märchen wurden von der Iryna Dzahva, Herausgeberin des Buches Žuravelʹ** für das Vorlesen ausgewählt.
Wir haben drei von den insgesamt 6 Märchen in ihrem Buch kennengelernt und sind gespannt auf die Märchen, die wir noch am 6. Dezember 2024 hören.
Was haben uns diese Märchen erzählt?
Freundschaft
Die Fabel vom Fuchs und Kranich: die beiden Tiere haben sich angefreundet, sprechen miteinander und haben sich gegenseitig zum Essen einladen. Doch die Freundschaft geht auseinander, weil jeder nur nach seinem Vorteil handelt.
Mut, Kühnheit, Klugheit, Körperstärke im Kampf, Selbstlosigkeit, Liebe, Glück
Davon erzählt das Märchen Kotygoroschko (rollende Erbse). Ein Junge mit übermenschlichen Kräften macht sich auf den Weg, um seine Schwester Olenka, die von einem Drachen entführt wurde, zu finden. Bewaffnet mit einem selbstgebauten Streitkolben kämpft er gegen den Drachen, es gelingt ihn diesen zu töten und seine Schwester sowie die Brüder zu befreien. Doch seine Brüder verraten ihn, daraufhin zieht er in die Welt hinaus und findet starke Freunde, die wie er das Glück in der Ferne suchen. Er freundet ich an mit:
Vernyhora, dieser kann Berge versetzen oder große Felsen bewegen.
Vernyhub (der Eichen ausreißt), dieser kann die Wege in dichten Wäldern frei machen
Krutyvus (der den Schnurbart zwirbelt und dreht), dieser ist ein Wasserlenker, er kann Flüsse umlenken und Wasserströme kontrollieren, wodurch Wasserhindernisse überwunden werden können.
Unser Held ist aber auch ein Freund der Tiere und ein Retter der Nachkommen eines Geiers. Dieser wird sein echter Freund, er nimmt ihn mit auf seinen Flügeln in die andere Welt. Selbstlos mit seinem eigenen Fleisch aus seiner Wade fütterte unser Held den Geier auf der Reise. Doch der Geier schließt die Wunde es Helden wieder, gibt ihm sein Wadenfleisch zurück und heilt die Wunde mit Wasser.
Seine drei Freunde mit übermenschlichen Kräften streiten auf dem Weg ins Glück und verraten ihn, er verzeiht ihnen und wird mit einer Prinzessin glücklich. Es setzt sich durch mit Mut, Klugheit, Körperstärke im Kampf, Selbstlosigkeit, Liebe zu seiner Schwester, Brüder und Freunden.
Angstfreiheit, Mut, Klugheit, Bescheidenheit
Im dritten Märchen „Vaters Flöte und Hirtenpeitsche“ werden drei Brüder vom Vater mit dem Erbe versehen, sich in sein Grab zu legen. Doch nur einer, der angstlose Oferma, den alle für dumm halten, traut sich in das Grab zum Vater zu legen und mit ihm zu sprechen.
Oferma wird vom Vater mit einer Flöte beschenkt, die alle seine Wünsche erfüllen und ein weiteres Mal bekommt er eine Hirtenpeitsche, die alle Gefahren abwehren kann.
Die zwei Brüder werfen Oferma aus dem Haus, dieser geht auf Wanderschaft. Er wird der Hirte des Königs. Er muss drei Drachen mit seiner Peitsche besiegen, um dem König die Schafe aus der Weide zurückzubringen. Die Schafe haben sich zum Erstaunen des Königs nach jedem Drachenkampf und Sieg vermehrt. Oferma erhält durch seine Siege über die Drachen deren Häuser aus Gold und Diamanten. Sein Lohn vom König ist die Königstochter, mit der sich Oferma vermählt. Das Paar zieht aus dem Schloss aus und bezieht ein selbst gebautes Haus in das Dorf von Oferma und ist glücklich.
Angstfreiheit, Mut, Klugheit, Bescheidenheit
Unterstützt werden die Vorlesetage mit dem Kranichtanz von Schülerinnen eines Speyerer Gymnasium unter choreografischer Anleitung von Jasmin Ungemach.
Interessiert?
Wir freuen uns schon, Sie am Nikolaustag am 6. Dezember 2024 im Völkerkundemuseum in Heidelberg wiederzusehen. Es gibt einen weiteren Einblick in das Märchenbuch von edition d´Ukraïne. Am Vormittag werden 3 Schulklassen aus Heidelberg teilnehmen und wir freuen uns am Nachmittag auf neugierige Kindern und Erwachsene!
Um 13:30 ist der erste Rundgang mit Märchengeschichten aus der Ukraine.
Anmeldungen hier: Events
Projekte spenden Mit einer Spende unterstützen Sie die edition d´Ukraïne bei der Entstehung des Märchenbuches in einer Erstausgabe. Denn Sprache ist die Brücke zur Kultur unter den Menschen und lässt Gemeinschaft und Zusammenhalt wachsen.
*Der Schweizer C. G. Jung beschreibt Urbilder, die jeder Mensch in sich trägt.
** das Buch erscheint im Verlag edition d´Ukraïne und ist voraussichtlich in der Erstauflage ab Ende Dezember 2024 gegen Spende erhältlich.
Text: Kulturgut i.Q. _ Erika Schroth